ODYSSEE -
das ist seit Herbst 1996 der Name einer verschworenen Spielgemeinschaft,
die schon auf eine längere Tradition zurückblicken kann. Herausgewachsen
ist sie aus der Spielgemeinschaft "Epidaurus" des privaten
"Goetheanistischen Konservatoriums", wo sich viele unserer
Mitglieder ihr schauspielerisches Können erarbeitet haben. Das Wort,
die lebendig erlebte und gestaltete Sprache, ist die zentrale Lebensquelle
unserer Probenarbeit. Gelingt es, den Klang und die Formkraft der Sprache
in bewegte farbenreiche Bilder zu verwandeln, so entsteht ein Schauspiel,
das im unmittelbaren Hören und Schauen verstanden werden kann. In der
Kunst muss sich der Sinn den Sinnen eröffnen; statt zu kritisieren,
wollen wir lieber charakterisieren - urteilen soll der Zuschauer selbst
nach seinem eigenen freien Ermessen!
Die
Theaterarbeit kann sich, wie
wir meinen, nicht darin erschöpfen, äußere Verhältnisse und Ereignisse
abzubilden; vielmehr muss sie die oft geheimnisvoll verborgene seelisch-geistige
Innenwelt sichtbar machen. Lässt man sich darauf ein, die Innenwelt
der dramatischen Personen zu erforschen, so begibt man sich auf eine
Irrfahrt mitten durch die Tiefen und Höhen der menschlichen Seele -
insofern mag unser neue Name "Odyssee" wohl gerechtfertigt
erscheinen. Durch die Höhen und Tiefen des inneren Erlebens hindurch
gilt es dem eigentlich geistigen Kern des Menschen, seinem verborgenen
Selbst, näher zu kommen.
Das
Publikum ist wohl der wichtigste
Akteur bei jeder Aufführung. Seine Begeisterung und Anteilnahme
beflügelt die Schauspieler und schafft mit ihnen gemeinsam erst
jene dichte Atmosphäre, in der sich das Spiel fruchtbar entfalten
und zur erfrischenden Seelennahrung reifen kann. Und wirklich gelungene
Theaterabende sind wohl jene, wo sich im gemeinsamen Erleben ein kaum
fassbares seelisches Band zwischen Schauspielern und Publikum knüpft
und der graue Alltag in der Zauberwelt des Theaters versinkt.